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12. April 2023

Iran im Jahr 2022: Schockierende Menschenrechtsbilanz

Amnesty International Report 2022/23: "Um die Proteste niederzuschlagen, beschossen die Sicherheitskräfte Demonstrierende rechtswidrig mit scharfer Munition und Metallkugeln. Dabei wurden Hunderte Erwachsene und Kinder getötet und Tausende verletzt. Tausende Menschen wurden willkürlich inhaftiert und zu Unrecht strafrechtlich verfolgt, nur weil sie friedlich ihre Menschenrechte wahrgenommen hatten."

Hier Auszüge aus dem am 28. März 2023 veröffentlichten Amnesty International Report 2022/23 (Berichtszeitraum 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022) zur Lage im Iran:

«Im Iran brach 2022 eine beispiellose Protestwelle aus, die sich gegen das System der Islamischen Republik richtete. Um die Proteste niederzuschlagen, beschossen die Sicherheitskräfte Demonstrierende rechtswidrig mit scharfer Munition und Metallkugeln. Dabei wurden Hunderte Erwachsene und Kinder getötet und Tausende verletzt. Tausende Menschen wurden willkürlich inhaftiert und zu Unrecht strafrechtlich verfolgt, nur weil sie friedlich ihre Menschenrechte wahrgenommen hatten. Frauen, LGBTI+ sowie Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten litten nach wie vor unter Diskriminierung und Gewalt. Verschwindenlassen, Folter und andere Misshandlungen waren weit verbreitet und wurden systematisch angewendet, dazu zählte auch die vorsätzliche Verweigerung einer angemessenen medizinischen Versorgung von Gefangenen. Grausame und unmenschliche Strafen wie Auspeitschungen, Amputationen und Blendungen wurden verhängt und vollstreckt. Die Todesstrafe kam noch häufiger zur Anwendung, und öffentliche Hinrichtungen wurden wieder aufgenommen. Gerichtsverfahren waren weiterhin durchweg unfair. Die im Zusammenhang mit den Gefängnismassakern im Jahr 1988 verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere völkerrechtliche Verbrechen, die bis in die Gegenwart reichten, blieben systematisch straffrei. (…)

Der Tod von Jina Mahsa Amini am 16. September in Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei löste landesweite Unruhen aus, die Ende 2022 noch andauerten. Die Sicherheitskräfte feuerten massenhaft und rechtswidrig scharfe Munition, Metallkugeln und Tränengas auf die Demonstrierenden ab und verprügelten sie. Amnesty International dokumentierte die Namen von Hunderten erwachsenen und minderjährigen Demonstrierenden und Passantinnen, die von den Sicherheitskräften rechtswidrig getötet wurden. Hunderte Menschen erblindeten oder erlitten andere schwere Augenverletzungen, weil Sicherheitskräfte sie mit Metallkugeln beschossen. Tausende weitere Personen trugen ebenfalls Verletzungen davon, nahmen jedoch häufig keine medizinische Behandlung in Anspruch, weil sie befürchteten, im Krankenhaus festgenommen zu werden.

Mehr als die Hälfte der Getöteten waren Angehörige der unterdrückten belutschischen Minderheit in der Provinz Sistan und Belutschistan und der unterdrückten kurdischen Minderheit in den Provinzen Kurdistan, Kermanschah und West-Aserbaidschan.

Friedlich protestierende Studierende und Schülerinnen wurden vom Unterricht ausgeschlossen und gewaltsamen Razzien, tätlichen Angriffen und anderen Misshandlungen unterzogen.

Willkürliche Inhaftierungen und unfaire Gerichtsverfahren

Im Laufe des Jahres 2022 wurden Tausende Menschen willkürlich inhaftiert undoder zu Unrecht strafrechtlich verfolgt, nur weil sie friedlich ihre Menschenrechte wahrgenommen hatten. Unzählige weitere blieben zu Unrecht in Haft.

Einem durchgesickerten Tondokument war zu entnehmen, dass die Behörden allein in den ersten Wochen der Massenproteste zwischen 15.000 und 16.000 Menschen inhaftierten. Die massenhaften willkürlichen Inhaftierungen dauerten am Jahresende noch an. Unzählige Menschen waren ungerechtfertigter strafrechtlicher Verfolgung und unfairen Gerichtsprozessen ausgesetzt.

Im Dezember 2022 ließen die Behörden zwei junge Männer, die nach unfairen Scheinprozessen im Zusammenhang mit den Protesten zum Tode verurteilt worden waren, willkürlich hinrichten. Ihre Familien wurden nicht über die bevorstehende Hinrichtung informiert. Zahlreiche weitere Personen standen wegen extrem vage definierter Anklagen wie Feindschaft zu Gott (moharebeh) und Verdorbenheit auf Erden (ifsad fil-arz) vor Gericht oder waren zum Tode verurteilt.

Die Behörden unterdrückten weiterhin die Zivilgesellschaft, indem sie Hunderte Menschenrechtsverteidigerinnen, Anwältinnen, Medienschaffende, politisch Andersdenkende, Aktivistinnen, Naturschützerinnen, Schriftstellerinnen, Künstlerinnen, Musikerinnen, Studierende und Schülerinnen willkürlich in Haft hielten undoder ungerechtfertigt strafrechtlich verfolgten. (…)

Straflosigkeit

Die im Jahr 2022 und in den Vorjahren verübten schweren Menschenrechtsverletzungen, darunter außergerichtliche Hinrichtungen und andere rechtswidrige Tötungen, Folter und Verschwindenlassen, waren weder Gegenstand von Ermittlungen, noch wurden Staatsbedienstete dafür zur Rechenschaft gezogen.

Die Behörden vertuschten die tatsächliche Zahl der Personen, die bei den Protesten von Sicherheitskräften getötet wurden, indem sie Randalierer für die Todesfälle verantwortlich machten oder behaupteten, die Opfer, darunter auch Minderjährige, hätten Selbstmord verübt oder seien bei Unfällen gestorben. Wenn Angehörige der Getöteten Beschwerde einlegten, wiesen die Behörden sie ab und drohten ihnen, sie oder ihre Kinder zu töten oder zu verletzen, sollten sie darüber sprechen.

Der Tod von Jina Mahsa Amini in Gewahrsam wurde nicht unabhängig untersucht. Die Behörden leugneten ihre Verantwortung, hielten wichtige Beweise zurück und bedrohten die Familie der Getöteten sowie andere Personen, die die offizielle Darstellung infrage stellten und Wahrheit und Gerechtigkeit forderten.

Familienangehörige, die sich um Wahrheit und Gerechtigkeit bemühten, sowie Zeuginnen der Proteste vom November 2019, die bei den Anhörungen des Internationalen Volkstribunals zu den Gräueltaten im Iran (Aban-Tribunal) in London ausgesagt hatten, wurden willkürlich inhaftiert und auf andere Weise schikaniert.»

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