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Amnesty International: "Der weltweiten Welle der Wut und die Anteilnahme am Tod von Mahsa Amini müssen konkrete Schritte der internationalen Gemeinschaft folgen, um die systematische Straflosigkeit anzugehen, die es ermöglicht, dass weit verbreitete Folter, außergerichtliche Hinrichtungen und andere rechtswidrige Tötungen durch die iranischen Behörden weiterhin ungehindert stattfinden können, sowohl hinter Gefängnismauern als auch bei Protesten".
Angesichts der gewaltsamen Unterdrückung der landesweiten, friedlichen Proteste im Iran fordert Amnesty International die Weltgemeinschaft zu wirksamen Maßnahmen auf. Insbesondere solle ein internationaler Untersuchungs- und Rechenschaftsmechanismus eingerichtet werden, um der Straflosigkeit im Iran entgegenzuwirken. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation wurden mindestens sechs Männer, eine Frau und ein Kind während der Proteste am 19. und 20. September durch Sicherheitskräfte getötet. Hunderte Menschen wurden verletzt.
In einer Pressemitteilung von Amnesty vom 22. September heißt es dazu u.a.:
Katja Müller-Fahlbusch, Expertin für die Region Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International in Deutschland, sagt: "Die iranische Regierung verletzt seit Jahren systematisch fundamentale Menschenrechte. Willkürliche Verhaftungen, Folter, außergerichtliche Hinrichtungen sowie die brutale Niederschlagung von Protesten werden durch die grassierende Straflosigkeit gefördert. Die internationale Gemeinschaft ist dringend zum Handeln aufgerufen.
Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die Menschenrechte als unverzichtbare Grundlage ihrer Außenpolitik definiert. Sie muss dieser Selbstverpflichtung jetzt in aller Deutlichkeit und Schnelligkeit Rechnung tragen. Wir appellieren an die Bundesregierung sich bei der UN-Vollversammlung öffentlich für einen internationalen Untersuchungsmechanismus in Iran auszusprechen und sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen."
Iranische Sicherheitskräfte gehen weiterhin gewaltsam gegen weitgehend friedliche Proteste vor, die nach dem Tod von Mahsa Amini am 16. September ausbrachen. Einige Tage zuvor war die junge Frau von der "Sittenpolizei" wegen Verstoßes gegen das diskriminierende Verschleierungsgesetz unter dem Einsatz von Gewalt festgenommen worden. Amnesty International konnte belegen, dass die Sicherheitskräfte rechtswidrig feine Schrot- und andere Munition aus Metall sowie Tränengas, Wasserwerfer und Schlagstöcke einsetzen, um Protestierende auseinanderzutreiben.
"Der weltweiten Welle der Wut und die Anteilnahme am Tod von Mahsa Amini müssen konkrete Schritte der internationalen Gemeinschaft folgen, um die systematische Straflosigkeit anzugehen, die es ermöglicht, dass weit verbreitete Folter, außergerichtliche Hinrichtungen und andere rechtswidrige Tötungen durch die iranischen Behörden weiterhin ungehindert stattfinden können, sowohl hinter Gefängnismauern als auch bei Protesten", sagt Diana Eltahawy, stellvertretende Direktorin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International.
"Die jüngste brutale Niederschlagung von Protesten durch die iranischen Behörden fällt zusammen mit der Rede von Ebrahim Raisi vor der UN-Generalversammlung. Ihm wurde auf der Weltbühne eine Plattform bereitet, obwohl es glaubwürdige Beweise gibt, dass er an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt ist. Dies zeigt einmal mehr die verheerenden Auswirkungen des wiederholten Versagens der UN-Mitgliedsstaaten, gegen die Straflosigkeit für schwere Verbrechen im Iran vorzugehen."
Amnesty International hat den Tod von sechs Männern, einer Frau und einem Kind bei Protesten am 19. und 20. September in den Provinzen Kurdistan (4), Kermanshah (2) und West-Aserbaidschan (2) dokumentiert. Mindestens vier von ihnen starben an Verletzungen, den sie durch den Beschuss mit Schrotkugeln aus nächster Nähe erlitten hatten.
Mindestens zwei weitere Personen sind auf einem oder beiden Augen erblindet. Hunderte weitere Personen, darunter auch Kinder, haben durch den rechtswidrigen Einsatz von feiner Schrot- und anderer Munition gegen sie schmerzhafte Verletzungen erlitten, die der Folter oder anderen Misshandlungen gleichkommen.
Schusswaffeneinsatz mit Verletzungs- und Tötungsabsicht
Amnesty International hat Augenzeugenberichte dokumentiert und Bilder und Videos der Proteste analysiert. Sie offenbaren, in welch erschütterndem Ausmaß iranische Sicherheitskräfte rechtswidrig und wiederholt mit Schrotkugeln direkt auf Demonstrierende schießen. (…)
"Wenn sie nicht zur Rechenschaft gezogen werden, werden sich die iranischen Sicherheitskräfte auch weiterhin ermutigt fühlen, Demonstrierende und Gefangene zu töten oder zu verletzen, darunter auch Frauen, die festgenommen wurden, weil sie sich dem Gesetz zur Zwangsverschleierung widersetzt haben. Da es keine Möglichkeiten mehr gibt, die Rechenschaftspflicht auf nationaler Ebene durchzusetzen, hat der UN-Menschenrechtsrat die Pflicht, den iranischen Behörden die deutliche Botschaft zu übermitteln, dass die Verantwortlichen für Verbrechen nach dem Völkerrecht nicht ungestraft bleiben werden", so Diana Eltahawy.