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Die Hinrichtung des 23-jährigen Demonstranten Mohsen Schekari wurde von der iranischen Freiheitsbewegung und der internationalen Gemeinschaft mit scharfem Protest beantwortet. Außenministerin Annalena Baerbock: "Die Menschenverachtung des iranischen Regimes ist grenzenlos".
Am 8. Dezember wurde der 23-jährige Mohsen Schekari (Bild) im Teheraner Evin-Gefängnis hingerichtet. Es war die erste Hinrichtung eines Gefangenen, der im Zusammenhang mit den seit drei Monaten anhaltenden Protesten gegen das Regime festgenommen worden war.
Mohsen Schekari wurde im November 2022 von der Regime-Justiz, die als Unterdrückungsinstrument dient, in einem Schauprozess mit fadenscheinigen Begründungen zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung wurde im Schnellverfahren vollstreckt, um ein Exempel zu statuieren und die Bevölkerung einzuschüchtern.
Die Gerichtsprozesse im Iran entsprechen nie den internationalen rechtsstaatlichen Vorschriften. Angeklagte - so auch Mohsen Schekari - werden wegen angeblichem „Krieg gegen Gott“ schuldig gesprochen. Die Regime-Justiz verwendet diesen Begriff, wenn sie Regimegegner und Demonstranten zur Höchststrafe, nämlich zum Tode, verurteilen will.
In den Schauprozessen werden Angeklagte ohne Rechtsbeistand vor Gericht gestellt. Die Prozesse dauern teilweise nur wenige Minuten. Vorher werden die Gefangenen brutal gefoltert, um sie zu zwingen, sich vor laufender Kamera mit falschen „Geständnissen“ selbst zu belasten. Diese Aufnahmen werden vor den Gerichtsverhandlungen in den staatlichen Medien verbreitet. Danach werden die Angeklagten aufgrund dieser erzwungenen „Geständnisse“ zum Tode verurteilt.
Die Protestbewegung im Iran hat sich durch die Hinrichtung von Mohsen Schekari nicht einschüchtern lassen, sondern es kam zu noch mehr wütenden Protesten gegen das Regime. In Teheran und anderen Städten gingen Demonstranten auf die Straßen und riefen aufgebracht: „Sie haben uns Mohsen weggenommen und seine Leiche zurückgebracht“. Sie forderten erneut das Ende der Diktatur. Auch für das Wochenende sind neue Demonstrationen angekündigt.
Berlin: Exiliraner und Menschenrechtler protestieren vor der iranischen Botschaft gegen die Hinrichtung von Mohsen Schekari.
Außenministerin Annalena Baerbock hat die Hinrichtung Schekaris scharf verurteilt. "Die Menschenverachtung des iranischen Regimes ist grenzenlos", schrieb sie am 8. Dezember auf Twitter. Die Drohung mit Hinrichtung werde den Freiheitswillen der Menschen im Iran aber nicht ersticken. Darüberhinaus kündigte Baerbock eine harte Reaktion der EU auf die Hinrichtung an. Die iranische Führung habe mit der Vollstreckung des Todesurteils gegen Mohsen Schekari ein "grausames Exempel" statuiert.
"Wir sehen ja bereits seit Wochen, dass die Unterdrückung und Willkür des iranischen Regimes immer brutaler wird", sagte die Außenministerin. "Todesstrafen werden als Instrumente des Terrors eingesetzt, Menschen zu Hunderten und zu Tausenden verhaftet." In Gefängnissen werde gezielt sexualisierte Gewalt angewendet. Die Vorgänge zeigten, "wie wichtig es war, dass wir als Europäische Union mit spezifischen Menschenrechtssanktionen darauf reagiert haben. Und wir werden darauf weiter reagieren, mit harten Maßnahmen."
Das Auswärtige Amt hat den Botschafter des Teheraner Regimes im Zusammenhang mit der Hinrichtung von Mohsen Shekari einbestellt. Dies gilt als scharfe diplomatische Reaktion. Die Bundesregierung verurteilte die Hinrichtung "auf das Schärfste". "Wir rufen den Iran erneut auf, die Todesstrafe unverzüglich abzuschaffen und keine weiteren Todesurteile zu vollstrecken", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am 9. November in Berlin.
Video: Berlin - Proteste gegen die Hinrichtung eines Demonstranten im Iran
Die Europäische Union hat am 8. Dezember die Hinrichtung des 23-jährigen Demonstranten auf das Schärfste verurteilt und das Regime im Iran aufgefordert, die Verhängung von Todesurteilen und weitere Hinrichtungen zu stoppen. Die Todesstrafe sei eine grausame und unmenschliche Strafe, die von der EU grundsätzlich und unter allen Umständen abgelehnt werde.
In einer Stellungnahme von Amnesty International vom 8. Dezember heißt es u.a.:
Diana Eltahawy, Expertin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International, verurteilt das Vorgehen der Behörden:
"Die Hinrichtung von Mohsen Shekari durch die iranischen Behörden ist entsetzlich. Vor weniger als drei Wochen wurde er in einem unfairen Scheinprozess schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Die Behörden machen damit auf grausame Weise ihre öffentlichen Drohungen wahr, Prozesse zur Verhängung von Todesurteilen zu beschleunigen und die Hinrichtungen zügig zu vollziehen. Wir befürchten, dass weitere Protestierende, die sich im Todestrakt befinden oder denen Kapitalverbrechen vorgeworfen werden, unmittelbar von der Hinrichtung bedroht sind.
Die schockierende Geschwindigkeit, mit der das Verfahren gegen Mohsen Shekari im Justizystem abgehandelt wurde, ohne ihm ein faires Verfahren oder wirksame Rechtsbehelfe zu gewähren, zeigt einmal mehr, dass die Behörden die Todesstrafe zur politischen Repression instrumentalisieren. Sie klammern sich verzweifelt an die Macht und verfolgen eindeutig das Ziel, die Bevölkerung einzuschüchtern und so die Unruhen zu beenden." (…)
"Da die iranischen Behörden ihre Tötungsserie mit brutaler Entschlossenheit fortführen, sowohl auf den Straßen als auch durch Scheinprozesse vor Gericht, ist es nun an der internationalen Gemeinschaft, rasch und entschlossen zu handeln, um weiteren Exekutionen einen Riegel vorzuschieben. Die internationale Gemeinschaft darf sich nicht auf die empörte Anprangerung der Geschehnisse beschränken. Sie muss stattdessen alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, damit alle iranischen Staatsbediensteten zur Verantwortung gezogen werden, denen völkerrechtliche Verbrechen und andere schwere Verstöße gegen Menschenrechte, wie zum Beispiel gegen das Recht auf Leben, vorgeworfen werden – seien es Angehörige der Sicherheitskräfte, des Geheimdienstes, der Staatsanwaltschaft oder des Justizwesens. Hierbei sollte unter anderem das Weltrechtsprinzip zur Anwendung kommen, um Ermittlungen gegen die Verdächtigen einzuleiten und bei ausreichender Beweislage Haftbefehle auszustellen", so Diana Eltahawy.