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Erfolgreiche Menschenrechtsarbeit: In Schweden muss sich ein Funktionär des Teheraner Regimes wegen der Massentötungen von politischen Gefangenen im Iran verantworten. Dies ist ein großer Erfolg für die Kampagne, die sich dafür einsetzt, dass die Täter der im Iran begangenen Menschenrechtsverbrechen international strafrechtlich verfolgt werden.
Ende Juli hat die schwedische Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Iraner Hamid Nouri erhoben. Ihm wird vorgeworfen, an Massenhinrichtungen beteiligt gewesen zu sein, denen im Sommer 1988 im Iran tausende politische Gefangene zum Opfer fielen. Nouri wurde im November 2019 bei der Einreise aus dem Iran auf dem Stockholmer Flughafen festgenommen. Seither befindet er sich in Untersuchungshaft. In dem Gerichtsverfahren, das am 10. August beginnen soll und mehrere Monate dauern wird, werden Augenzeugen und Völkerrechtsexperten aus verschiedenen Ländern gehört werden.
Das Massaker, das 1988 an politischen Gefangenen im ganzen Iran verübt wurde, gilt als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Anklage in Schweden ist ein großer Erfolg für die internationale Kampagne, die sich dafür einsetzt, dass die Täter und Verantwortlichen in Ländern, die universelle Gerichtsbarkeit ausüben, strafrechtlich verfolgt werden. Es ist das erste Mal, dass sich ein Funktionär des iranischen Regimes wegen dieses Massakers vor Gericht verantworten muss.
Nach Angaben der schwedischen Staatsanwaltschaft war der Angeklagte Hamid Nouri während der Massenhinrichtungen im Gohardasht-Gefängnis in der unweit von Teheran gelegenen Stadt Karaj als Assistent eines Anklägers tätig. Nach umfangreichen Ermittlungen wird er der Beteiligung an Massenhinrichtungen und somit des vorsätzlichen Mordes in Hunderten Fällen beschuldigt.
Die Verbrechen, die dem Angeklagten vorgeworfen werden, so die schwedische Staatsanwaltschaft, seien schwerste Völkerrechtsverbrechen. Obwohl diese Verbrechen im Iran begangen wurden, können die Täter gemäß dem Prinzip der universellen Gerichtsbarkeit auch in anderen Ländern strafrechtlich verfolgt werden. Auf dieser Grundlage ist die Anklage in Schweden erfolgt.
Menschenrechtler und Hinterbliebene fordern Gerechtigkeit für die Opfer der Massenhinrichtungen von 1988.
Die fundamentalistische Diktatur im Iran hat sich in den letzten Jahrzehnten schwerster Menschenrechtsverbrechen schuldig gemacht, darunter der massenweisen, systematischen Tötung von Oppositionellen. Die Massenhinrichtungen im Iran werden von Völkerrechtsexperten als Genozid, also als Verbrechen gegen die Menschlichkeit, eingestuft. Sie sind somit ein Straftatbestand im Völkerstrafrecht. Dennoch sind die Täter, zu denen zahlreiche aktuelle Funktionäre der Teheraner Diktatur gehören, bis heute straflos geblieben, da die UNO weitgehend untätig geblieben ist.
Menschenrechtler und Völkerrechtsexperten setzen sich mit einer internationalen Kampagne dafür ein, dass die Täter der Menschenrechtsverbrechen im Iran auf internationaler Ebene strafrechtlich verfolgt werden. Die Täter, so die Forderungen, müssten von Gerichten in Ländern, die universelle Gerichtsbarkeit ausüben, oder vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag für ihre Menschenrechtsverbrechen zur Verantwortung gezogen werden. Die bisherige Straflosigkeit müsse ein Ende haben. Nur so könne den aktuellen Menschenrechtsverletzungen im Iran Einhalt geboten werden.
Zahlreiche Dokumente und Augenzeugenberichte, die von Menschenrechtlern auf der ganzen Welt recherchiert und geprüft wurden, belegen die aktive Rolle, die der neue Regime-Präsident Ebrahim Raisi seit Jahrzehnten bei den Menschenrechtsverbrechen im Iran spielt. Menschenrechtsexperten forderten daher die umgehende Einleitung internationaler strafrechtlicher Ermittlungen gegen Raisi.
Amnesty International hat am 19. Juni 2021 strafrechtliche Ermittlungen gegen Raisi wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie Mord, Verschwindenlassen und Folter verlangt. Agnès Callamard, die Generalsekretärin von Amnesty International und ehemalige UNO-Sonderberichterstatterin für außergerichtliche Hinrichtungen, erklärte dazu: „Wir fordern weiterhin, dass gegen Ebrahim Raisi wegen seiner Beteiligung an vergangenen und laufenden Verbrechen nach dem Völkerrecht ermittelt wird, auch von Staaten, die universelle Gerichtsbarkeit ausüben.”
Von besonderer Bedeutung ist die nachgewiesene Beteiligung von Raisi an den Massenhinrichtungen des Jahrs 1988. Dabei handelt es sich um ein organisiertes staatliches Massaker, das im Spätsommer und Herbst 1988 an politischen Gefangenen im ganzen Iran verübt wurde. Schätzungen zufolge fielen diesem Massaker bis zu 30000 Gefangene zum Opfer.
Sie wurden gezielt ermordet, um jeden politischen Dissens zu ersticken. Die Hingerichteten wurden von ihren Henkern in namenlosen Massengräbern verscharrt. Familienangehörige wurden eingeschüchtert und bedroht, damit keine Informationen über das Massaker an die Außenwelt gelangen.
Über die Hinrichtungen entschieden sogenannte „Todeskomitees“, die die Gefangenen in Prozessen, die nur wenige Minuten dauerten, gruppenwiese zum Tode verurteilten. Das Todeskomitee, das über die Hinrichtungen in den Gefängnissen im Großraum Teheran entschied, hatte vier leitende Mitglieder. Einer von ihnen war der neue Regime-Präsident Raisi. Allein in den Gefängnissen Evin und Gohardasht, für die Raisi zuständig war, wurden tausende Hinrichtungen vollstreckt.
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Iran: UN-Experte fordert Untersuchung der Massenhinrichtungen und der Rolle des Regime-Präsidenten Raisi